Wie können wir Küstenveränderungen genauer vorhersagen? Welche Modelle sind besser?

Der Klimawandel führt zu steigenden Meeresspiegeln und verstärkten Stürmen. Die Küsten weltweit sind einem beispiellosen Erosionsrisiko ausgesetzt. Die genaue Vorhersage von Küstenveränderungen, insbesondere langfristiger Trends, ist jedoch eine Herausforderung. Die internationale Studie ShoreShop2.0 bewertete kürzlich die Leistung von 34 Küstenvorhersagemodellen in Blindtests und enthüllte den aktuellen Stand der Küstenmodellierung.

Die Küstenlinie ist die dynamische Grenze zwischen Land und Meer und verändert sich ständig durch Wellen, Gezeiten, Stürme und den steigenden Meeresspiegel. Weltweit ziehen sich rund 24 % der Sandküsten mit einer Geschwindigkeit von über 0,5 Metern pro Jahr zurück. In einigen Gebieten, wie beispielsweise der Golfküste der USA, liegt die jährliche Erosionsrate sogar bei über 20 Metern.

Die Vorhersage von Küstenveränderungen ist naturgemäß schwierig und komplex und erfordert die Berücksichtigung des Zusammenspiels mehrerer Faktoren, darunter Wellenenergie, Sedimenttransport und Meeresspiegelanstieg. Genaue Vorhersagen über lange Zeiträume sind sogar noch anspruchsvoller.

Moderne Modelle zur Küstenlinienvorhersage lassen sich in drei Kategorien unterteilen: Die eine Kategorie basiert auf physikalischer Simulation, wie etwa Delft3D und MIKE21 auf Grundlage von Strömungsmechanik und Sedimenttransportgleichungen; die andere Kategorie ist ein Hybridmodell, das physikalische Prinzipien mit datengesteuerten Methoden kombiniert, wie etwa CoSMoS-COAST und LX-Shore; und die andere Kategorie ist ein datengesteuertes Modell, das vollständig auf statistischen oder maschinellen Lerntechniken beruht, wie etwa LSTM-Netzwerken und Transformer-Architekturen.

640

Trotz der großen Modellvielfalt erschwert das Fehlen einheitlicher Bewertungskriterien den Leistungsvergleich. Welches Modell liefert die genauesten Vorhersagen? Der ShoreShop2.0-Blindtest bietet eine ideale Möglichkeit für fachübergreifende Vergleiche.

Der internationale Blindtest-Wettbewerb ShoreShop2.0 ist eine äußerst anspruchsvolle Form wissenschaftlicher Zusammenarbeit. Die teilnehmenden Teams werden lediglich über das Testgebiet informiert, einen Codenamen für eine Bucht oder einen Strand. Wichtige Informationen wie Standort und tatsächlicher Name bleiben geheim, um zu verhindern, dass Vorwissen die Modellkalibrierung beeinflusst. Darüber hinaus werden die Daten abschnittsweise vertraulich behandelt, wobei Daten aus den Jahren 2019–2023 (kurzfristig) und 1951–1998 (mittelfristig) bewusst zurückgehalten werden. Die Modelle prognostizieren dann kurz- und mittelfristige Küstenlinienveränderungen und überprüfen ihre Genauigkeit schließlich anhand der vertraulichen Daten. Dieses Design ermöglicht disziplinübergreifende Vergleiche von Küstenmodellen unter völlig unbekannten Bedingungen.

34 Forschungsteams aus 15 Ländern reichten Modelle ein, darunter zwölf datenbasierte und 22 Hybridmodelle. Die Teams kamen aus Institutionen in den USA, Australien, Japan, Frankreich und anderen Ländern. Allerdings fehlten kommerzielle Modelle wie GENESIS und die physikbasierten Modelle Delft3D und MIKE21.

Ein Vergleich ergab, dass die leistungsstärksten Modelle für kurzfristige Fünfjahresprognosen CoSMoS-COAST-CONV_SV (Hybridmodell), GAT-LSTM_YM (datengetriebenes Modell) und iTransformer-KC (datengetriebenes Modell) waren. Diese Modelle erreichten mittlere quadratische Fehler von etwa 10 Metern, vergleichbar mit dem inhärenten Fehler von 8,9 Metern bei satellitengestützten Küstendaten. Dies deutet darauf hin, dass die Vorhersagefähigkeit der Modelle für einige Strände an die Grenzen der Beobachtungstechnologie stößt. Natürlich konnten andere Modelle Küstenveränderungen besser erfassen.

Ein überraschendes Ergebnis war, dass das Hybridmodell eine vergleichbare Leistung wie das datengesteuerte Modell erbrachte. CoSMoS-COAST-CONV_SV (Hybridmodell) kombiniert physikalische Prozesse und Faltungsoperationen, während GAT-LSTM_YM (datengesteuertes Modell) ein Graph-Attention-Netzwerk zur Erfassung räumlicher Korrelationen nutzt. Beide Modelle zeigten gute Ergebnisse.

Bei mittelfristigen Prognosen liefert die LX-Shore-Reihe (Hybridmodelle) die Vorhersagen, die den Messdaten am nächsten kommen. Durch die Kopplung von Sedimenttransportprozessen entlang der Küste und seitlich davon bleiben diese Modelle langfristig stabil und zeigen gleichzeitig die konsistentesten Reaktionen auf extreme Sturmereignisse mit Messdaten. Vorhersagen dieser Modelle zeigen, dass ein einzelner schwerer Sturm einen vorübergehenden Rückgang der Küstenlinie um bis zu 15–20 Meter verursachen kann, wobei die vollständige Erholung zwei bis drei Jahre dauern kann. Die CoSMoS-COAST-Reihe bietet eine ausgezeichnete Stabilität, während andere Modelle unter langfristiger Drift und Überreaktion leiden können.

Modellergebnisse zeigen, dassDatenqualitätist ein entscheidender limitierender Faktor für die Modellleistung. Satellitenfernerkundungsdaten decken zwar ein großes Gebiet ab, ihre zeitliche Auflösung ist jedoch gering (in der Regel wöchentlich bis monatlich). Dies erschwert die Erfassung der schnellen Erholung nach einem Sturm. Darüber hinaus wird die momentane Wasserkante durch Wellenauflauf und Gezeiten beeinflusst, was zu vorübergehenden Fehlern führt, die die Modellvorhersagen beeinträchtigen können.

Die Studie ergab, dass die räumlich-zeitliche Glättung von Daten, beispielsweise durch den Einsatz robuster zweidimensionaler Filtertechniken, die Modellleistung deutlich verbessern kann. Später eingereichte nicht-blinde Testmodelle reduzierten den durchschnittlichen Fehler durch optimierte Datenvorverarbeitung um 15 %.

Robuste 2D-Glättung ist eine fortschrittliche Signalverarbeitungsmethode, die speziell für die Verarbeitung von Rauschen in Satellitendaten von Küstenlinien entwickelt wurde. Im Wesentlichen handelt es sich um einen iterativen Filteralgorithmus auf Basis der Methode der kleinsten Quadrate, der äußerst robust gegenüber Ausreißern wie vorübergehendem Wellenrauschen in Satellitenbildern ist.

Ein weiterer entscheidender Faktor für Modellvorhersagen ist die Genauigkeit der küstennahen Wellendaten. Derzeit sind Wellendaten mit verschiedenen Fehlern behaftet, darunter Fehler bei der Konvertierung globaler Wellenreanalysedaten in küstennahe Gebiete, Verzerrungen durch die Extraktion von Wellenparametern an der 10-Meter-Isobathe statt an der Bruchzone und die Unterschätzung der Auswirkungen extremer Ereignisse durch die Verwendung täglicher durchschnittlicher Wellenbedingungen. All diese Fehler können die Modellvorhersagen beeinträchtigen.

Für langfristige Vorhersagen stützen sich die meisten Modelle auf das klassische Brownsche Gesetz, um die Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs abzuschätzen. Dieses Gesetz geht jedoch von einer unendlichen und ausgeglichenen Sedimentzufuhr aus und ignoriert die Auswirkungen des Sedimenttransports vor der Küste oder menschlicher Aktivitäten, wie beispielsweise der Strandaufspülung. Dies kann zu erheblichen Modellverzerrungen führen.

Basierend auf der Theorie des Gleichgewichtsprofils stellt das Brownsche Gesetz eine lineare Beziehung zwischen dem Anstieg des Meeresspiegels und dem Rückzug der Küstenlinie her. Diese Theorie geht davon aus, dass ein Küstenprofil eine Gleichgewichtsform beibehält. Steigt der Meeresspiegel, zwingt der zunehmende Akkommodationsraum dieses Gleichgewichtsprofil, sich landeinwärts zu verschieben, um seine Form relativ zum neuen Meeresspiegel beizubehalten. Folglich geht die Theorie davon aus, dass mit der landeinwärts gerichteten Verschiebung des Küstenprofils die obere Strandschicht erodiert und das erodierte Material vor der Küste abgelagert wird, wodurch der küstennahe Meeresboden ansteigt und so eine konstante Wassertiefe aufrechterhalten wird. Das Brownsche Gesetz sagt voraus, dass der Küstenrückgang je nach Neigung des Strandes 10- bis 50-mal größer sein kann als der Anstieg des Meeresspiegels.

Diese Studie bietet eine Grundlage für die Auswahl geeigneter Tools basierend auf spezifischen Anforderungen. Darüber hinaus ist die Datenvorverarbeitung entscheidend; eine ordnungsgemäße Datenverarbeitung kann manchmal größere Auswirkungen haben als das Modell selbst. Aufbauend auf den Erfahrungen mit ShoreShop 2.0 können Satelliten- und Wellendaten verbessert werden, um die Vorhersagegenauigkeit zu erhöhen. Auch die unkontrollierbaren Auswirkungen künstlicher Strandbeeinflussungen in Langzeitprognosen können die Vorhersageergebnisse erheblich beeinflussen. Ein weiteres Problem stellt die mangelnde Beteiligung kommerzieller Modelle wie GENESIS, Delft3D und MIKE21 dar.

Wächter der blauen Grenze: Frankstars 11-jährige Mission zum Schutz unserer Ozeane und unseres Klimas​

Frankstar ist seit über einem Jahrzehnt führend im Meeresumweltschutz und nutzt modernste Technologie und wissenschaftliche Genauigkeit, um beispiellose Meeres- und hydrologische Daten zu liefern. Unsere Mission geht über die bloße Datenerfassung hinaus – wir sind Architekten einer nachhaltigen Zukunft und befähigen Institutionen, Universitäten und Regierungen weltweit, fundierte Entscheidungen für die Gesundheit unseres Planeten zu treffen.

 

640 (1)


Veröffentlichungszeit: 11. August 2025